-----Oprindelig meddelelse-----
Fra: Initiative Aspangbahnhof [mailto:initiative-aspangbahnhof@hotmail.com]
Sendt: 28. januar 2009 22:15
Til: socpsyk@post6.tele.dk
Emne: Mahnwache und Kundgebung/9. November/Niemals vergessen!
"In den Jahren 1939 - 1942 wurden vom ehemaligen
Aspangbahnhof zehntausende oesterreichische Juden in Vernichtungslager
transportiert und kehrten nicht mehr zurueck"
NIEMALS VERGESSEN!
Nie wieder Faschismus! Gegen die
rechten Blender und Verfuehrer!
Mahnwache und Kundgebung
Montag, 9. November 2009, 18 Uhr
Gedenkstein vor dem ehemaligen Aspangbahnhof
Platz der Opfer der Deportation (bei Ecke
A.-Blamauergasse/Aspangstrasse), 1030 Wien
Im Anschluss (ab etwa 20.30 Uhr): Filmvorfuehrung,
Hermann Langbein ueber "Die Staerkeren" in Auschwitz und anderen KZs;
Wildganshof, 1030 Wien (Vis-ˆ-vis S-Bahnstation St. Marx)
Zu dieser Kundgebung rufen auf:
Abg. z. NR Karl Oellinger; Alternative und Gruene
GewerkschafterInnen (AUGE/UG); ARGE fuer Wehrdienstverweigerung, Gewaltfreiheit
und Fluechtlingsbetreuung; Bund sozialdemokratischer Freiheitskaempfer, Opfer
des Faschismus und aktiver Antifaschisten; Deserteurs- und
Fluechtlingsberatung; Die Bunte Zeitung; Dieter Schrage - Die Gruenen
SeniorInnen; Foederation der ArbeiterInnen Syndikate (FAS); Gedenkdienst;
Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB); Gruene Alternative Wien; Infoladen Wels;
Initiative Aspangbahnhof; Kommunistische Partei Oesterreichs - Wien
(KPOe-Wien); Pierre Ramus Gesellschaft; Redaktion "Akin";
Revolutionaer Sozialistische Organisation (RSO); Service Civil International
(SCI); Sozialistische Jugend Wien (SJ-Wien); Sozialistische LinksPartei (SLP);
Unabhaengiges Antifaschistisches Personenkommitee Burgenland
Rueckfragehinweis: Initiative
Aspangbahnhof/initiative-aspangbahnhof@hotmail.com
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und
Freunde: Diese Nachricht wurde an einen relativ weiten Empfaengerkreis
verschickt. Belaestigen wollen wir niemand. Falls Sie/ihr aus dem Verteiler gestrichen werden moechtet, bitten
wir um eine kurze Rueckmeldung.
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Niemals vergessen!
Woran gedenken wir am 9. November?
Schon in der Nacht vom 11. zum 12.
Maerz 1938, also anlaesslich des Einmarsches der deutschen Wehrmacht in
Oesterreich, begannen Ausschreitungen gegen Juedinnen und Juden in Oesterreich.
Viele wurden von SA- und HJ-Leuten wie von "einfachen"
Parteimitgliedern, die sich ihre Hakenkreuzbinden und Orden angeheftet haben,
verhaftet, geschlagen und oeffentlich gedemuetigt. Fensterscheiben
wurden eingeschlagen. Juden und Juedinnen wurden gezwungen Parolen,
welche Anhaenger des austrofaschistischen Bundeskanzlers Schuschnigg am
Vorabend des "Anschlusses" auf Waende und Gehsteige geschrieben haben
mit Reib- und Zahnbuersten wegzuwaschen. Wiewohl mancher der Schaulustigen ihre
Bekannten und FreundInnen unter den Gedemuetigten erkannt haben musste, hat
niemand den Mut aufgebracht zu protestieren Ð was zu diesem Zeitpunkt sowohl
moeglich als auch sinnvoll haette sein koennen. Mit diesen Erniedrigungen
begann die systematische Diskriminierung der
oesterreichischen Juden und Juedinnen. Um
so heftiger als im
"Altreich", weil in Oesterreich die
Entwicklung, die in Deutschland fuenf Jahre gedauert hatte, in kuerzester Zeit
ueber die Betroffenen hereingebrochen ist.
Etwa 200.000 OesterreicherInnen wurden
nach den "Nuernberger Rassengesetzen" zu "Juden" erklaert,
wobei etwa 180.000 von ihnen tatsaechlich der juedischen Religion angehoerten.
Die Nazis begannen mit Berufsverboten und Ausbildungsbeschraenkungen, Juden und
Juedinnen wurden in ihrer
Bewegungsfreiheit eingeschraenkt. Das erste Ziel war es, die juedische
Bevoelkerung aus dem oeffentlichen Leben zu draengen. Dann sollte ihr die
wirtschaftliche Lebensgrundlagen entzogen und nicht zuletzt: gleich ob Arm, ob
Reich, ihr gesamtes Vermoegen geraubt werden und dieses zumindest nach Willen
der Nazi-Granden in die Kassen des "Dritten
Reiches" fliessen Ð obwohl sich auch manch anderer dabei
"bedient" hatte.
Adolf Eichmann, ein strebsamer Biedermann im Dienste des
Sicherheitsdienstes (SD) der SS, wurde nach Wien beordert, um die "Zentralstelle fuer juedische Auswanderung"
aufzubauen. "Auswanderung" hiess die Beschoenigung fuer das Vorhaben
der Nazis, moeglichst viele Juedinnen und Juden aus Oesterreich zu vertreiben.
Doch davor sollte sichergestellt werden, dass diese nicht mehr als die notwendigsten Habseligkeiten mit sich nehmen konnten,
der gesamte uebrige Besitz wurde beschlagnahmt.
Trotz des stetig zunehmenden Terrors durch die Nazis konnten und wollten viele die Heimat nicht Hals
ueber Kopf verlassen. Besonders aelteren Menschen fiel das
schwer.
Die fuehrenden Nazis hatten schon lange auf einen Anlass
gewartet, die JuedInnenverfolgung zu verschaerfen. Sie brauchten einen Vorwand,
mit dem sie diese v. a. auch gegenueber dem Ausland rechtfertigen und
gegenueber der eigenen Bevoelkerung die Akzeptanz
dafuer erhoehen konnten.
Der 9. November 1938 Ð
die Bedeutung des Novemberpogroms
Der 17-jaehrige Herschel Grynszpan schoss am 7. November in Paris als Protest gegen die JuedInnenverfolgung
auf den deutschen Diplomaten Ernst v. Rath, nachdem seine Eltern und
Geschwister aus Deutschland nach Polen abgeschoben worden waren. Nachdem Rath
kurz spaeter starb, organisierte Joseph Goebbels am 9. November
1938 eine reichsweite Aktion gegen die juedische
Bevoelkerung, welche als "spontaner Ausbruch des Volkszorns" getarnt
wurde.
Diese Aktion wurde wegen der gelegten
Feuer, welche sich in den zerbrochenen Fensterscheiben wie
"Kristalle" spiegelten beschoenigend "Reichskristallnacht"
genannt. Diese Nacht dauerte tatsaechlich mehrere Tage und Naechte. Nun
wurden tausende juedische Wohnungen und Geschaefte gepluendert, zerstoert und
"arisiert". 42 Synagogen und Bethaeuser wurden in Brand gesteckt und
verwuestet. Nicht nur in Wien, auch in den kleineren
oesterreichischen Staedten wie Innsbruck kam es zu blutigen Uebergriffen.
Zahlreiche Menschen starben in Oesterreich waehrend des und nach dem
Novemberpogrom an den Folgen der Misshandlungen oder nahmen sich aus
Verzweiflung das Leben.
6547 Juden wurden in Wien im Zuge des
Novemberpogroms verhaftet, 3700 davon ins KZ Dachau deportiert. Und: Die
juedische Bevoelkerung wurde dazu verpflichtet fuer alle Schaeden des gegen sie
gerichteten Pogroms aufzukommen!
Das Novemberpogrom war der entscheidende Schritt, die
begonnenen Entrechtungs- und Beraubungsmassnahmen gegen Juden und Juedinnen zu
vollenden. Es war aber auch eine Art "Testlauf" der Nazis, wieviel
JuedInnenverfolgung der Bevoelkerung zuzumuten sei, ohne dass es zu
nennenswertem Widerstand dagegen kommt.
Der Aspangbahnhof
Mit dem deutschen Ueberfall auf Polen
begann offiziell der 2. Weltkrieg in Europa. Zu
diesem Zeitpunkt lebten noch etwa 70.000 Juedinnen und Juden in Wien. Alle
verbliebenen oesterreichischen Juedinnen
und Juden waren mittlerweile nach Wien geschickt worden.
Dort
lebten sie zusammengepfercht in Sammelwohnungen und
-lager, unter schlechten Bedingungen und schlecht versorgt. Sie wurden
registriert und mussten ab September 1941 einen gelben
Davidstern tragen, wie auch die noch von Juedinnen und Juden bewohnten
Wohnungen mit einem solchen gekennzeichnet wurden, um den Behoerden die
Verfolgung bzw. Aushebung fuer die Deportationen zu erleichtern.
Die ersten Deportationen sollten noch dem zumindest vor-
geblichen Ziel dienen, deutsche bzw. oesterreichische
Juedinnen und Juden in einem "Judenreservat" in Polen anzusiedeln.
Dieser Plan wurde aber nie verwirklicht.
Im Fruehjahr 1941 forderte der neue Gauleiter von Wien,
Baldur von Schirach, die Deportationen wieder aufzunehmen, um die verbliebenen juedischen Wohnungen "freimachen"
zu koennen. Juden und Juedinnen wurden erfasst und registriert und in der Folge
Listen fuer die Deportationen zusammengestellt.
Die Deportationen erfolgten vom
Aspangbahnhof. Diese wurden zuerst mit normalen
Personenwaggons der 3. Klasse, spaeter dann mit Viehwaggons,
durchgefuehrt und "nur" von normaler Polizei bewacht, nicht von der
SS. Zum einen wollten die Nazis wohl die Illusion
einer "Auswanderung" fuer die Betroffenen und die beobachtetende
Bevoelkerung aufrechterhalten, zum andern rechneten sie nicht mit nennenswertem
Widerstand durch die Betroffenen, weil viele der aus Wien Deportierten aeltere
Menschen bzw. Frauen waren. Die Opfer der ersten Deportationen im Jahr 1941
wurden auf die Ghettos im besetzten Rest-Polen
aufgeteilt. Arbeitsfaehige kamen meist in die
Zwangsarbeitslager der SS. Die meisten dieser am Anfang 1941 Deportierten
sollten im Fruehjahr und Sommer 1942 "Auskaemmaktionen" der SS zum
Opfer fallen oder wurden zusammen mit den polnischen Juedinnen und Juden in die Vernichtungslager gebracht. Tausende oesterreichische
Juden und Juedinnen wurden in Lagern wie Maly Trostinez massenh
aft
erschossen oder in Gaswagen ermordet.
Spaeter fuehrten die Deportationszuege vom Aspangbahnhof
in
das Ghetto Theresienstadt in der Naehe von Prag, von wo
aus die
Zuege Richtung Vernichtungslager
Treblinka, Sobibor, Auschwitz bzw.
Auschwitz/Birkenau gingen, welche mittlerweile schon mit
riesigen Gaskammern ausgestattet waren. Mit dem Zweck moeglichst viele Menschen
in moeglichst kurzer Zeit und Ð fuer die Moerder Ð
moeglichst "schonend" umzubringen.
Unterdessen wurden auch oesterreichische Roma und Sinti
(sie wurden zuerst als "Asoziale", spaeter als "Zigeuner"
verfolgt) von der Kriminalpolizei bzw. Gestapo beraubt und in den Lagern
Lackenbach/Burgenland, Maxglan/Salzburg und St. Pantaleon/OOe interniert. Sie wurden immer wieder zu Zwangsarbeit herangezogen. Etwa
5000 Roma und Sinti, in der Regel ganze Familien, wurden
1941 in das Ghetto Lodz deportiert und letztlich im Vernichtungslager
Kulmhof/Chelmo ermordet. Ein grosser Teil der verbliebenen Roma
und Sinti aus Oesterreich wurde nach Auschwitz/Birkenau
gebracht und ermordet, nur wenige ueberlebten. Bei der Befreiung des Lagers
Lackenbach durch die Rote Armee waren dort noch
hoechstens
400 Haeftlinge.
Nach 40 grossen und vielen kleineren Transporten aus Wien
lebten von 200.000 oesterreichischen Juedinnen und Juden 1945 noch etwa 5000 in
Wien. Sogar noch in den letzten Tagen der Kaempfe um Wien
veruebte eine SS-Einheit ein Massaker an neun hier verbliebenen Juden.
15 bis 20.000 oesterreichische Juedinnen und Juden,
welche sich nach der Flucht in die Tschechoslowakei,
nach Belgien und Frankreich schon in Sicherheit geglaubt haben, fielen nach der
Eroberung dieser Laender durch die deutsche Wehrmacht ihren Moerdern in die
Haende.
6 Millionen europaeische Juden und Juedinnen sind der
Shoa, auch "Holocaust" genannt, zum Opfer gefallen, mindestens 65.500
davon stammten aus Oesterreich. Diese Zahl ist eine Mindestzahl, da viele
Ermordete namenlos oder auch "staatenlos" waren und deshalb nicht als
oesterreichische StaatsbuergerInnen erfasst wurden. Von den 11 bis 12.000
oesterreichischen "Zigeunern" wurden zwischen 1938 und 1945
schaetzungsweise 9500 ermordet, etwa 2000 ueberlebten die
Deportationen. Zudem sind zigtausende "Erbkranke" (Behinderte),
"Asoziale", ZeugInnen Jehovas, ZwangsarbeiterInnen, Deserteure und
"Wehrkraftzersetzer", Homosexuelle, Kriminelle und politische
GegnerInnen bzw. WiderstandskaempferInnen aus Oesterreich der Mordmaschinerie
der Nazis zum Opfer gefallen.
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Nie wieder Krieg Ñ nie wieder
Faschismus!
Vor siebzig Jahren, im September
1939, griff Nazi-Deutschland Polen an. Eher widerwillig und halbherzig
erklaerten England und Frankreich in Erfuellung ihrer Buendnispflichten Hitler
den Krieg. Nach erstaunlichen Anfangserfolgen, ein Grossteil Europas kam unter
Hitlers Herrschaft, brachte der (ebenfalls unprovozierte) Ueberfall auf die Sowjetunion und der Kriegseintritt der Vereinigten
Staaten die Wende. Dreiviertel der Welt standen am Ende gegen die Achsenmaechte. Unter unsaeglichen Opfern konnte
Nazi-Deutschland am Ende niedergerungen und besiegt werden.
Hinter diesen duerren Worten verbirgt sich furchtbares
Grauen und Leid, Millionen und Aber-Millionen Tote,
Verstuemmelte, vergewaltigte Frauen, Vertriebene. Am Schluss lag Europa in
Truemmern.
Und es verbirgt sich der entsetzliche Massenmord an
juedischen Menschen hinter diesen duerren Worten. Hinter dem Schleier des
Krieges schritten die Nazis von der Drangsalierung,
Entrechtung, Diskriminierung juedischer Menschen zu deren industrieller
Vernichtung. Krieg bedeutet immer Grausamkeit, Verrohung und Abstumpfung,
anders ertraegt man/frau ihn nicht. Im Schlachtenlaerm fiel
der letzte Ueberrest zivilisatorischer Tuenche.
Die Nazis wussten genau, dass im Falle ihres Sieges
niemand nach den ermordeten Juedinnen und Juden gefragt haette. Und in der
Niederlage troestete sie wohl die Gewissheit, dass
ihre Verbrechen so gewaltig waren, dass nicht nur jeder Versuch, sie zu
begreifen (bis heute) versagen musste: Auch keine Bestrafung konnte der Tat nur
annaehernd angemessen sein (und damit blieb der Massen- und Voelkermord
eigentlich bis heute ungesuehnt).
Man/frau hat es nicht gewusst?
Adolf Hitler vor dem Deutschen Reichstag am 31. Jaenner
1939 (also vor Kriegsbeginn): "Wenn es dem internationalen Finanzjudentum
in- und ausserhalb Europas gelingen sollte, die Voelker noch einmal in einen
Weltkrieg zu stuerzen, dann wird das Endergebnis nicht die
Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums in Europa sein,
sondern die Vernichtung der juedischen Rasse in Europa!"
Am Ende dieser Prophezeiung stand Auschwitz, standen
Leichenberge allenthalben.
Wer es wissen wollte, der oder die
hat es auch gewusst.
Nicht das "Finanzjudentum"
hat den Krieg begonnen, sondern Hitler. Die deutsche Fuehrung hat ihn
seit 1933 zielgerichtet vorbereitet, 1936 kam der Einmarsch in das
entmilitarisierte Rheinland, dann 1938 Oesterreich und das Sudetenland, 1939
wurde die Tschechoslowakei zerschlagen, Boehmen und
Maehren annektiert. Das Ziel: Die Machterweiterung Deutschlands, die Herrschaft
ueber Europa.
Bei Polen war dann Schluss. Der
Krieg war da.
Und das war nur Hitler, Goering und Goebbels und ihre
Handvoll Minister, Generaele und SS-Fuehrer?
Die Deutschen und Oesterreicher marschierten. Die Frauen
eilten an die verwaisten Werkbaenke in den Fabriken
und bauten die Panzer und Granaten.
"Ich habe nur meine Pflicht getan", diese
gedankenlosen Worte eines spaeteren oesterreichischen Bundespraesidenten, zu
seiner Rolle im 2. Weltkrieg befragt, sind die traurige
Antwort auf die Frage nach kollektiver Schuld.
"Krieg ist Pflicht und die
erfuellt man halt" und vom Massenmord an Bewaffneten ist es zum
Hinschlachten von Unbewaffneten nur mehr ein Schritt.
Erika Mann schrieb 1945: "Politisch gesehen, sind die
Deutschen apathisch. Waehrend
viele von ihnen vorgeben, den Nazismus satt zu haben, habe ich nicht einen
einzigen getroffen, der angab, je an Anti-Nazi-Aktivitaeten beteiligt gewesen
zu
sein . . . Die Mehrzahl gab zu,
dass sie 1939 und 1940, als noch
alles ârosigÔ aussah, voll und ganz hinter dem âFuehrerÔ
gestanden haetten. Die wenigen, die angaben, dass sie ihn schon da-
mals nicht gemocht haetten, beschwerten sich ueber seine
Kurzsichtigkeit, Russland und die USA zu
unterschaetzen und anschliessend zu provozieren. Von moralischen Bedenken war
keine Rede."
Also war nur falsch am Krieg, dass er verlorengegangen
ist?
Und auch diejenigen, die 1938 am Wiener Heldenplatz
Hitler frenetisch zugejubelt hatten, sie waren vielleicht ernuechtert, geheilt
waren sie nicht.
Mittlerweile ist eine neue Generation herangewachsen,
fuer die diese Greuel nur mehr ferne Vergangenheit und
Geschich-
te sind.
"Geschichte" wiederholt sich niemals, schon gar
nicht auf die gleiche Art und Weise.
Aber nehmen wir kurz an, sie wuerde es, haette diese neue
Generation daraus gelernt?
Initiative Aspangbahnhof
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Nichts wiederholt sich und doch bleibt manches immer
gleich.
Es sind nicht viele juedische Menschen, die noch in
Oesterreich leben, nach 1945. Die meisten waren ermordet worden, von den
wenigen Ueberlebenden wollten die meisten nicht mehr
in diesem Oesterreich bleiben.
Anflegeln lassen muessen sich die Wenigen allemal. Einen "Exil-Juden aus Amerika" nennt der Vorarlberger
FPOe-Politiker Dieter Egger den Direktor des Juedischen Museums Hohenems, Hanno
Loewy. Sein Chef Heinz-Christian Strache sekundiert
Egger mit der Rechtfertigung, dieser haette ja kein "Schimpfwort"
benutzt. Wahrscheinlich hat sich Strache dabei halb krank gelacht,
begeistert ob der doppelt gelungenen Verhoehnung und Verspottung. Das Seltsame
und Merkwuerdige daran ist, dass
Strache damit ja eigentlich Recht hat: Ins Exil gehen zu
muessen, ist keine Schande, sondern tragisches Schicksal. Und ein Mensch ist
Jude, was sagt das schon ueber ihn? Eigentlich doch wenig bis
gar nichts.
Das Vorarlberger Wahlvolk aber versteht die Botschaft. Es waehlt die FPOe
wegen (oder trotz, was genauso schlimm ist)
dieser Entgleisung: Die FPOe erhaelt landesweit 25,2 %,
in Hohenems, der Heimatstadt von Loewy, 35,2 %.
Wir sind wieder soweit: Der Jude steht ausserhalb der
(Volks-)Gemeinschaft. Wenn juedische Menschen am
oeffentlichen Leben teilnehmen Ð so wie alle anderen Ð wird nicht beurteilt,
was sie sagen, ob das Hand und Fuss hat oder nicht, sondern es steht der
Generalverdacht der Nestbeschmutzung im Raum, weil sie eben Juden sind.
Das ist schlimm und uebel.
Auch andere gehoeren nicht dazu: Auslaendische Menschen.
Warum eigentlich? Was macht
eigentlich "den Auslaen-
der" aus?
Zunaechst hat er oder sie einen "anderen"
Reisepass, was ausser bei einer Personenkontrolle durch die Polizei aber
niemand bemerkt.
Die Sprache ist meistens eine "andere", das mag
Verstaendigungsprobleme geben. Die sind loesbar, ein
bisschen Bemuehen vorausgesetzt Ð welcher Aufschrei ginge wohl durchs Land,
wuerden wir an dieser Stelle OesterreicherInnen auffordern, sich auch ein paar
Worte aus der Sprache der "Anderen" anzueignen.
Viele auslaendische Menschen haben eine
"andere" Religion, manche sind auch gar nicht glaeubig, so wie viele
OesterreicherInnen. Sollte Religion in einem
saekularen Staat nicht Privatsache sein?
Das Alltagsleben vieler AuslaenderInnen ist teilweise
"anders", als das der oesterreichischen Leute. Dass
das mehr mit ihrer sozialen Lage zu tun hat, als mit ihrer Herkunft (dem
niedrigerem Einkommen, den beengten Wohnverhaeltnissen), waere das fuer eine
aufgeklaerte Gesellschaft nicht aller Grund, diese Lage zu verbessern?
Einige AuslaenderInnen gehen stehlen und einbrechen,
verkaufen Drogen É Manche OestereicherInnen tun das nicht?
Und zum Schluss, um das ja nicht zu vergessen: Sie sehen
"anders" aus, die AuslaenderInnen. Manche haben
eine dunklere Hautfarbe, da weiss man/frau gleich, dass "sie" nicht
von "hier" sind.
Und, was sagt das Aussehen ueber einen Menschen aus? Was
ist so wichtig am "Anderssein"? Und wer ist eigentlich dieses
merkwuerdige "Wir"?
Unter "auslaendischen" und
"inlaendischen" Menschen gibt
es sympathische und unsympathische, hoefliche und
unhoefliche, hart arbeitende und solche, die es eher langsam angehen. Es gibt
wahrscheinlich einige "AuslaenderInnen" und einige
"InlaenderInnen", mit denen sich der Verfasser dieser Zeilen gern
einmal unterhalten wuerde Ð und andere, denen er ganz einfach nichts zu sagen
hat.
Nuechtern und ruhig betrachtet: Der Unterschied zwischen
OesterreicherInnen und AuslaenderInnen ist gering.
Aber Zurueckhaltung, Gelassenheit, gesunder
Menschenverstand, in diesem Zusammenhang?
Bei der Abschlussveranstaltung der oberoesterreichischen
FPOe zu den dortigen Landtagswahlen verteilt eine KuenstlerInnengruppe Muetzen
mit der Aufschrift "Strache machÕ mir doch ein Kind, damit nicht alle von die Auslaender sind" und "Kebabstand in
Christenhand". Slogans, die nicht den Geschmack der FPOe-Granden trafen.
Als diese die Kappen einzusammeln versuchen, kommt es
zu Tumulten mit den von den Parolen begeisterten FPOe-AnhaengerInnen.
Humor und feine Ironie sind an FPOe-WaehlerInnen
wahrscheinlich verschwendet.
Wenn der oberoesterreichische FPOe-Chef Weinzinger
erklaert: "Jede blonde, blauaeugige Frau Ð das heisst jede Frau mit
deutscher Muttersprache Ð braucht drei Kinder, weil sonst holen uns die Tuerkinnen ein", ("OOe. Nachrichten", 19.
September 2008), lacht darueber niemand, sondern er
gewinnt Wahlen damit.
Die Feindbilder lassen sich fast austauschen: Wenn
Strache gegen einen "EU-Beitritt von Israel und Tuerkei" zu Felde
zieht und dumpfeste Ressentiments bedient, schlaegt er gleichzeitig zwei
Fliegen mit einer Klappe (dass Israel ueberhaupt nicht der EU beitreten will,
tut nichts zur Sache).
Neueste Kreation ist ein Plakat
Straches gegen Haeupl, in dem unter anderem "Bettler verbieten"
gefordert wird. Das ("aggressive") Betteln selbst ist ja in
Wien dank der SPOe schon lange verboten (vgl. ¤ 2 Wr.
Landessicherheitsgesetz). Und wie immer, wenn eine der (ehemaligen)
Grossparteien nach rechts rueckt, rueckt die FPOe noch
weiter dorthin. Wie duerfen wir uns das denn vorstellen, wenn nicht Armut,
sondern arme Menschen "verboten" wer-
den sollen? Ist es paranoid,
wenn es einem oder einer hier
schaudert?
Grauenvollste Kapitel der Vergangenheit: 1925 erschien
das Buch von Hugo Bettauer, "Stadt ohne Juden". Sehr prophetisch und
hellsichtig, erzaehlt es die Geschichte eines Landes,
aus dem der Bundeskanzler alle juedischen Menschen ausweisen laesst (die
industrielle Ermordung von JuedInnen konnte sich Bettauer nicht einmal
vorstellen, hier war die Wirklichkeit furchtbarer als jede literarische
Fiktion).
Doch siehe da: Die Probleme sind dieselben geblieben, die
Wirtschaftslage schlecht, die Loehne niedrig, die Mieten hoch, der Alltag grau
und auch die freien Sitzplaetze in der Strassenbahn
noch immer zu wenige. Bloss die Juedinnen und Juden, auf die
man und frau alles schieben konnte, die sind nicht mehr da.
Und das ist auch schon die
Wahrheit ueber die FPOe: Es wird durch sie nichts besser.
Manche werden vielleicht gehen muessen, wenn sie jemals
an die Macht kommt.
Was haben die Zurueckgebliebenen davon? Gar nichts.
Initiative Aspangbahnhof
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